Der Aussteller dieser Urkunde ist Rudolf I. (1218–1291), der erste König des Heiligen Römischen Reichs aus der Dynastie der Habsburger. Rudolf war 1273 von den Kurfürsten gewählt worden. Nachdem er seinen Konkurrenten um den Thron, den böhmischen König Ottokar II. Přemysl, besiegt hatte, konnte er seine Herrschaft entfalten. Die aus Schwaben stammenden Habsburger übernahmen mit der sogenannten Gesamthandbelehnung von 1282 die Herrschaft in den österreichischen Ländern. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gelang es ihnen noch zwei Mal, den Königsthron zu besetzen, nämlich mit Albrecht I. (reg. 1298–1308) und Friedrich dem Schönen (reg. 1314–1330).
Im frühen und hohen Mittelalter wurden Urkunden stets in lateinischer Sprache verfasst. Erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wird in unserem Raum zögerlich die deutsche Sprache als Urkundensprache eingesetzt. In der königlichen Kanzlei des Heiligen Römischen Reichs tritt sie seit Rudolf von Habsburg (reg. 1273–1291) vermehrt auf. Das Verständnis mittelalterlicher Texte wird durch die Verwendung der deutschen Sprache nicht gerade erleichtert: Sind im Lateinischen die Rechtsbegriffe noch eindeutig definiert, so fällt die deutsche Entsprechung oft nicht so präzise aus. Dazu kommt, dass es im Deutschen keine festgelegte Rechtschreibung gab, was zu vielen unterschiedlichen Schreibweisen von Namen und Worten führte.
Eine der Besonderheiten des Heiligen Römischen Reichs war, dass es sich dabei um ein Wahlkönigtum handelte. Der Königsthron wurde nicht zwangsläufig innerhalb einer Familie weitervererbt, sondern der neue König wurde stets aus dem Kreis der Reichsfürsten gewählt. Bis zur Goldenen Bulle war der Kreis der Königswähler noch nicht fixiert; erst ab 1356 standen die sieben weltlichen und geistlichen Kurfürsten fest: der König von Böhmen, der Herzog von Sachsen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Markgraf von Brandenburg und die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier. Für eine gültige Wahl reichte die einfache Mehrheit. Als letzter gab immer der Erzkanzler des Reichs, der Erzbischof von Mainz, seine Stimme ab und konnte so zum Zünglein an der Waage werden.
Neben der üblichen Verwendung von Eisengallustinte, ausgemischt mit etwas Rußtinte, für den Text, stellt die Initiale „W“ am Beginn des Textes eine Besonderheit dar. Sie hebt sich bei den meisten verwendeten Abbildungsverfahren im Erscheinungsbild deutlich von übrigen Text ab. In der Röntgenaufnahme erkennt man neben einer stärkeren Absorption deutliche, heller erscheinende Einsprengsel. Die Materialanalyse hat gezeigt, dass für diese Initiale eine Eisengallustinte mit einem bleihaltigen Zusatz verwendet wurde. Das legt den Schluss nahe, dass die Initiale von einem zweiten Schreiber in die Urkunde eingefügt wurde.
Das ursprünglich an der mehrfarbigen Schnur befestigte Siegel ist nicht erhalten geblieben. Die von Maurizio Aceto (Universita degli Studi del Piemonte Orientale, Alessandria, Italien) durchgeführten Farbstoffanalysen der Siegelfäden ergaben den Pflanzenfarbstoff aus dem Färberwau für das Gelb, Orseille – einen Flechtenfarbstoff – für das Rot und eine Doppelfärbung aus einem blauen und einem gelben Farbstoff für das Grün. Als blauer Farbstoff wurde vermutlich das Indigoblau aus dem europäischen Färberwaid verwendet; beim gelben Farbstoff handelt es sich wieder um Färberwau. Alle diese Farbstoffe waren im Mittelalter gebräuchlich und wurden vor allem zum Färben von Textilien eingesetzt.
Die angebliche Urkunde König Rudolfs von Habsburg (1218–1291) ist das einzige Stück im Fälschungs-Komplex in deutscher Sprache. Sie ist die erste, die sich an das Haus Habsburg als Empfänger richtet. Sie erweitert also nicht wie die anderen Stücke die Bestimmungen der Urkunde von 1156, sondern hat die Funktion, die den Babenbergern verliehenen Rechte und Privilegien auf diese neue Herrscherdynastie als Landesfürsten zu übertragen. 1246 waren die Babenberger in der männlichen Linie ausgestorben; daraufhin folgte die Herrschaft des böhmischen Königs Ottokar II. (1233–1278) in Österreich. Erst nach der Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen 1278, in der König Rudolf I. siegte und Ottokar zu Tode kam, begann die Regierung der Habsburger in den österreichischen Ländern.
König Rudolf I. von Habsburg bestätigt gemeinsam mit den Kurfürsten seinen Söhnen Albrecht und Rudolf von Österreich und Steiermark genannte Privilegien heidnischer und christlicher Kaiser und Könige.
angeblich Rheinfelden, 11. Juni 1283 (Fälschung 1358/59)
Pergament, Siegel fehlt, dunkelrot-gelb-grüne Seidenschnüre
Wien, Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, AUR 1845