DE EN

Falsche Tatsachen

Das Privilegium Maius und seine Geschichte

Angebliche Urkunde Kaiser Friedrichs II.

Die mit einer Goldbulle besiegelte Urkunde Friedrichs II. für den Babenberger Friedrich II. enthält eine vollständige Abschrift des Privilegium maius. Die Bestimmungen des Maius werden aber dahingehend erweitert, dass kein Lehensmann oder über Besitz verfügender Einwohner Österreichs jemandem anderen zu gehorchen hat als dem Herzog von Österreich, dass der Herzog auf der königlichen Krone auch noch ein Kreuz tragen darf und dass der österreichische Herzog beim Lehensempfang von den üblichen Abgaben befreit ist. Auch für diese Urkunde gab es ein echtes Vorbild, dessen Text nur noch abschriftlich überliefert ist, nämlich das sogenannte „Minus-Transsumpt“. Mit dieser Urkunde bestätigte Kaiser Friedrich II. (1194-1250) das Privilegium minus – nachdem ein Plan, Österreich und die Steiermark zu einem Königreich zu erheben, 1245 in letzter Minute gescheitert war.

( C.) ‡ In nomine sancte et individue trinitatis amen. FRIDERICUS secundus divina favente clemencia Romanorum imperator semper augustus, Ierusalem et Sicilie rex. ‡ Iustis principum nostrorum peticionibus condescendere cogimur, quas nisi favorabiliter audiremus, obaudire, quod iuste petitur, per iniuriam videremur. Eapropter per presens privilegium noverit tam presens etas quam successura posteritas, quod noster excellentissimus princeps Fridericus dux Austrie et Stirie ac dominus Carniole, dilectus princeps et consanguineus noster, quoddam privilegium divi augusti imperatoris quondam Friderici avi nostri memorie recolende Heinrico quondam duci Austrie proavo suo dudum indultum nostro culmini presentavit, supplicans attencius, ut ei illud innovare et omnia, que continentur in eo, confirmare de nostra gratia dignaremur. Cuius tenor per omnia talis est:

[Insert von Nr. 2]

Nos itaque, qui fidem et obsequia nostrorum principum non patimur irremunerata transire, attendentes fidem puram et devocionem sinceram, quam predictus dux ad maiestatis nostre personam et sacrum imperium habet, pro gratis quoque serviciis, que nobis et imperio exhibuit hactenus fideliter et devote et que exhibere poterit inantea graciora, ipsius supplicacionibus favorabiliter inclinati suprascriptum privilegium divi augusti avi nostri predicti huic nostro privilegio de verbo ad verbum inseri iussimus omnia, que continentur in eo, de imperialis preminencie nostre gracia confirmantes. Igitur competit eciam nostro imperiali imperio illustri principi nostro predilecto Friderico speciali gracia graciando. Quapropter concedimus enim et damus eidem illustri principi duci Austrie hec subscripta ad habendum pro iure plenarie,

[1] ut nullus suorum feodalium aut suarum terrarum inhabitancium sive possidentium nulli alteri aliquid iuris obediant, excepto enim sibimet ipso nostro predilecto Friderico principi duci Austrie aut suas vices supplentibus sive potestatem.

[2] Concedimus enim nostro illustri principi duci Austrie crucem nostri dyadematis suo principali pilleo sufferendo.

[3] Volumus eciam, ut dilectus noster dux Austrie omnia sua feodalia sive iura liberaliter suscipiat dacione sine omni.

[4] Igitur iura omnia prescripta illustris dux Austrie rite et liberaliter tenere debeat in omnibus suis terris, quas iam possidet et in futurum possidebit.

Statuimus igitur et imperiali sanccimus edicto, quatinus nullus rex, nullus dux, nullus marchio, nullus princeps, nullus comes, nullus prelatus, nulla denique persona alta vel humilis, ecclesiastica vel mundana contra presentis innovacionis et confirmacionis nostre tenorem venire presumat. Quod qui presumpserit, indignacione [!] nostri culminis et penam mille librarum auri se noverit incurrisse, quarum medietas camere, reliqua vero parti passe iniuriam applicetur. Ad huius igitur innovacionis et confirmacionis nostre futura [!] memoriam et robur perpetuo valiturum presens privilegium fieri et bulla aurea typario nostre maiestatis impressa iussimus comuniri. Huius rei testes sunt: Chunradus Frisingensis episcopus, Heinricus Babenbergensis electus, Fridericus filius illustris regis Castelle, Růdolfus nobilis comes de Habchesburch, Ludowicus comes de Helfenstein, Albertus de Nife, et alii quam plures.

‡ Signum domini nostri Friderici Dei gratia invictissimi Romanorum imperatoris ( M.) semper augusti, Ierusalem et Sicilie regis. ‡

Acta sunt hec anno dominice incarnacionis millesimo ducentessimo quadragesimo quinto mense Iunio, tercio indiccione, imperante domino nostro Friderico gloriosissimo Romanorum imperatore semper augusto, Ierusalem et Sicilie rege, Romani imperii eius anno vicesimo quinto, regni Ierusalem vicesimo primo, regni vero Sicilie quadragesimo septimo.

Datum Verone, anno, mense et indictione prescriptis.

Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit, amen. Friedrich, der zweite, durch das Walten von Gottes Gnaden Kaiser der Römer, allzeit Mehrer des Reiches, König von Jerusalem und Sizilien. Wir sind gezwungen, zu den rechtmäßigen Petitionen Unserer Fürsten Uns herabzulassen, denn würden Wir diese nicht mit Gunst hören, so schienen Wir zu Unrecht das zu hören, was rechtens erbeten wird. Daher möge durch das vorliegende Privileg sowohl das gegenwärtige Zeitalter als auch die künftige Nachwelt wissen, daß Unser hervorragendster Fürst Friedrich, Herzog von Österreich und Steiermark und Herr von Krain, Unser geliebter Fürst und Verwandter, ein dem weiland Heinrich, Herzog von Österreich, seinem Vorfahren, einstens zugebilligtes Privilegium des weiland geheiligten und erhabenen Kaisers Friedrich, Unseres Großvaters zu wahrenden Angedenkens, Unserer Hoheit vorlegte, mit der eindringlichen Bitte, daß Wir geruhen mögen, es ihm zu erneuern und alles, was darin enthalten ist, aus Unserer Gnade zu bestätigen. Es lautet im Ganzen folgendermaßen:

[Insert von Nr. 2]

Wir also, die Wir nicht dulden, daß Treue und Werke des Gehorsams Unserer Fürsten unbelohnt dahingehen, haben in Anbetracht der reinen Treue und ehrlichen Demut, die der vorgenannte Herzog der Person Unserer Maiestät und dem heiligen Reich entgegenbringt, und auch gemäß den dankenswerten Diensten, die er Uns und dem Reich bisher getreulich und demütig erwiesen hat, und noch dankenswerteren, die er in Zukunft erweisen wird können, seinen Bitten gnädig geneigt, befohlen, daß das oben angeführte Privilegium Unseres vorgenannten geheiligten erhabenen Großvaters Unserem Privilegium hier Wort für Wort eingefügt werde, und bestätigen alles, was darin enthalten ist, aus der Gnade Unser kaiserlichen Vortrefflichkeit. Denn so gebührt es auch Unserem kaiserlichem Reich [und] dem erlauchten Fürsten, Unserem überaus geliebten Friedrich, dem durch eine spezielle Gnade gedankt werden soll. Deswegen gewähren und geben Wir denn demselben erlauchten Fürsten, dem Herzog von Österreich, das im Folgenden Geschriebene, um es vollgültig als Recht innezuhaben,

[1] daß keiner seiner Lehensleute oder derer, die seine Länder bewohnen oder besitzen, keinem anderen irgendwelchen Rechts gehorche, außer eben ihm selbst, Unserem überaus geliebten Fürsten Friedrich, dem Herzog von Österreich, oder denen, die seine Stelle oder Macht vertreten.

[2] Wir gestehen Unserem erlauchten Fürsten, dem Herzog von Österreich, zu, das Kreuz Unseres Diadems auf seinem Fürstenhut zu tragen.

[3] Wir wollen auch, daß Unser geliebter Herzog von Österreich alle seine Lehen oder Rechte ohne irgendeine Abgabe frei empfängt.

[4] Daher soll der erlauchte Herzog von Österreich alle vorgeschriebenen Rechte gebührend und frei innehaben, in allen seinen Ländern, die er schon besitzt und in Zukunft besitzen wird.

Wir beschließen also und bekräftigen es mit kaiserlichem Edikt, insofern kein König, kein Herzog, kein Markgraf, kein Fürst, kein Graf, kein Prälat, und schließlich keine hohe oder niedrige, kirchliche oder weltliche Person es wagen möge, gegen den Wortlaut dieser vorliegenden Erneuerung und Bestätigung anzugehen. Wer dies aber wagt, der soll wissen, daß er die Ungnade Unserer Hoheit und eine Strafe von tausend Pfund Gold sich eingetreten hat, deren eine Hälfte der Kammer, die andere aber der Partei zugeteilt wird, die das Unrecht erlitten hat. Wir befahlen daher, daß zur künftigen Erinnerung und ewiglich gültigen Kraft dieser Erneuerung und Bestätigung das vorliegende Privilegium aufgesetzt und durch eine goldene Bulle mit dem Aufdruck des Siegels Unserer Maiestät bekräftigt werden soll. Zeugen dieser Sache sind: Konrad, Bischof von Freising, Heinrich, Elekt von Bamberg, Friedrich, Sohn des erlauchten Königs von Kastilien, Rudolf, edler Graf von Habsburg, Ludwig, Graf von Helfenstein, Albert von Neuffen, und andere mehr.

Zeichen unseres Herrn Friedrich, des von Gottes Gnaden unüberwindlichsten Kaisers der Römer, allzeit Mehrers des Reiches, Königs von Jerusalem und Sizilien.

Geschehen ist dies im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1245, im Monat Juni, in der dritten Indiktion, unter der Herrschaft unseres Herrn Friedrich, des sehr ruhmreichen Kaisers der Römer, allzeit Mehrers des Reiches, Königs von Jerusalem und Sizilien, im fünfundzwanzigsten Jahr von dessen Römischem Kaisertum, im einundzwanzigsten der Königsherrschaft zu Jerusalem, im siebenundvierzigsten der Königsherrschaft zu Sizilien.

Gegeben zu Verona, im angegebenen Jahr, Monat und Indiktion.

(Übersetzung: Karin Zeleny)

+ -
x

Auflichtaufnahme

Streiflichtaufnahme

UV-Aufnahme

Infrarotreflektographie

Röntgenaufnahme

Transkription (Latein)

Übersetzung (Deutsch)

Kaiser Friedrich II. bestätigt dem Herzog Friedrich II. von Österreich das wörtlich inserierte Privileg Kaiser Friedrichs I. von 1156 und gewährt dem Herzog weitere Rechte (Maius-Transsumpt).

angeblich Verona, Juni 1245 (Fälschung 1358/59)
Pergament, Goldsiegel an roten Seidenschnüren
Wien, Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, AUR 708

Durch sogenannte Streiflichtbeleuchtung, d.h. Beleuchtung des Objekts von der Seite und unter sehr flachem Winkel, können unterschiedliche topographische Effekte deutlich hervorgehoben werden.

An dieser Urkunde erkennt man den insgesamt raueren Oberflächencharakter und einen verstärkten Abrieb des Textes an den linken und rechten äußeren Rändern des Pergaments. Hervorgehoben werden weiters die Büge der originalen Faltung, deutliche Deformierungen, Knicke und Falten.

Durch die Bestrahlung mit UV-Licht können einige Materialien, darunter viele organische Medien, zu verschiedenfarbigen und jeweils charakteristischen Fluoreszenzen angeregt werden. Dies kann erste Hinweise auf die vorliegenden Materialien oder zu abweichenden Materialzusammensetzungen liefern. Auch weitere Informationen zu Veränderungen oder zum Zustand der Objektoberfläche, wie spätere Überarbeitungen bzw. Beschädigungen, treten oftmals in den UV-Aufnahmen deutlicher zutage.

Hier treten bei Betrachtung unter UV-Licht einige Flecken und lokal begrenzte Verfärbungen, vor allem entlang der Büge, deutlich in Erscheinung. Besonders gut erkennt man an dieser „italienischen“ Urkunde das unterschiedliche Fluoreszenzverhalten der Fleisch- und Haarseite des Pergaments.

Die Infrarotreflektographie (IRR) ermöglicht einen tieferen Einblick in den Aufbau von Objekten. Für Urkunden können durch den Einsatz der IRR vor allem Rückschlüsse auf Oberflächenphänomene und die verwendeten Tinten, üblicherweise Eisengallustinte oder kohlenstoffbasierte Tinte (Rußtinte), gezogen werden.

Im Fall dieser Urkunde tritt bei der IRR die rauere Oberflächenstruktur des Pergaments noch weiter in Erscheinung, insbesondere die stärker und feinteilig zerknitterten Randbereiche. Stellenweise lassen sich Schabspuren aus der Pergamentherstellung beobachten. Entlang der Büge ist es durch mechanische Beanspruchung zu vereinzelten kleinen Fehlstellen im Pergament gekommen. Spuren früherer Montagen zeigen sich am oberen Rand in Form eines Reißnagel-Abdrucks und mehrerer kleiner Löcher.

Röntgenstrahlung kann Objekte durchstrahlen, wird dabei in Abhängigkeit von der Objektdichte (Dicke) und/oder dem Vorhandensein schwerer Elemente unterschiedlich stark abgeschwächt und trifft danach auf einen röntgenempfindlichen Film. Für das Pergament können dabei anatomisch bedingte Strukturen in der Tierhaut (Knochenstruktur) durch unterschiedlich helle Grauwerte abgebildet werden.

Besonders deutlich zeigt sich hier neben den anatomischen Details der vollen Tierhaut, die wiederum einen vertikalen Verlauf der Wirbelsäule mit nach unten gerichtetem Kopf zeigen, die abnehmende Qualität des Pergaments zu den Rändern hin (Bauchseite).