Um das Weiterbestehen von Rechten und Privilegien über viele Generationen zu garantieren, wurden einmal ausgestellte Urkunden immer wieder bestätigt. Der Besitzer des Dokuments legte es zu diesem Zweck dem Rechtsnachfolger des ursprünglichen Ausstellers vor. Dieser stellte eine neue Urkunde aus, in die der gesamte Inhalt der zu bestätigenden Urkunde wörtlich aufgenommen wurde. Manchmal war es eine einfache Bestätigung, manchmal wurden die Bestimmungen auch durch den neuen Aussteller erweitert. Der Empfänger konnte sich in jedem Fall so sicher sein, dass seine Rechte und Privilegien zumindest für die Regierungszeit des neuen Ausstellers anerkannt wurden. Hier erkennt man das Insert sofort daran, dass die Urkunde zwei Monogramme aufweist: Das von Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1122–1190) und das von Kaiser Friedrich II. (1194–1250).
Mit dem Privilegium minus von 1156 waren den österreichischen Landesfürsten besondere Vorrechte gewährt worden. Dazu zählte auch die weibliche Erbfolge, die ein Weiterbestehen der Dynastie im Falle des Aussterbens im Mannesstamm vorsah. Dieses Recht galt nicht nur für die unmittelbaren Empfänger der Urkunde, sondern auch für deren Nachkommen. In der Pragmatischen Sanktion von 1713 wurde diese Regelung durch Kaiser Karl VI. (1685–1740) wieder aufgegriffen und ermöglichte somit die Herrschaft Maria Theresias, obwohl die Habsburger 1740 im Mannesstamm ausgestorben waren.
Wie bei den bisher beschriebenen Urkunden des Komplexes wurde auch für die vorliegende Urkunde Kalbspergament verwendet. Das durch eine spezielle Aufbereitung der Tierhaut erzielte, besondere Erscheinungsbild entspricht dem für eine ‚italienische‘ Urkunde des 13. Jahrhunderts zu erwartenden und unterscheidet sich deutlich von dem der anderen Urkunden. Das Pergament ist so raffiniert aufbereitet, dass sogar Experten nicht auf Anhieb erkennen können, dass es sich dabei nicht um ein Schafs- oder Ziegenpergament, wie in Italien üblicherweise verwendet, sondern ebenfalls um Kalbspergament handelt. Die Haarseite wird dabei anders behandelt (wie genau ist nicht bekannt) und erscheint daher deutlich gelber und wie geleimt, beschrieben wird die (weißer erscheinende) Fleischseite.
Die für den Text verwendete Tinte erscheint sehr dunkel. Die meist sehr geringe Sichtbarkeit in der IRR und das deutlich helle Erscheinungsbild in der Röntgenaufnahme weisen auf das Vorliegen einer Eisengallustinte hin.
Die unterschiedlich gute Lesbarkeit der Tinte in den verschiedenen Bereichen im IRR kann eventuell auf eine Ausmischung mit etwas Rußtinte zurückzuführen sein. Weiters spielen jedoch auch abweichende Stärken des Tintenauftrags sowie Abrieb bzw. verschiedene Oberflächeneffekte eine Rolle. Neben dem deutlich raueren Charakter des verwendeten Pergaments können vor allem durch den lokalen Druck und Glättung des Pergaments während des Schreibens abweichende Kontrasterscheinungen der Schrift im IRR beobachtet werden.
Bei der Goldbulle handelt es sich um eine von einer älteren, originalen Urkunde übertragene Bulle aus dünnem Goldblech (Goldlegierung), auf deren Vorderseite mittig feine Risse sichtbar sind. Die Goldbulle scheint ungefüllt zu sein; der Verlauf der Siegelschnur im Inneren markiert sich an der Oberfläche. Ob ursprünglich ein der Goldbulle am Privilegium maius vergleichbarer Schließmechanismus eingesetzt gewesen war, muss offen bleiben. Eventuell ist er bei der Wiederverwendung der Bulle im 14. Jahrhundert verloren gegangen. Dabei könnten auch die an der Eintritts- und Austrittsstelle der Siegelschnur in der Röntgenaufnahme sichtbaren feinen Beschädigungen entstanden sein. Die durch das Pergament geführten Siegelfäden weisen große Ähnlichkeit mit jenen an der Bulle des Privilegium maius auf.
Die mit einer Goldbulle besiegelte Urkunde Friedrichs II. für den Babenberger Friedrich II. enthält eine vollständige Abschrift des Privilegium maius. Die Bestimmungen des Maius werden aber dahingehend erweitert, dass kein Lehensmann oder über Besitz verfügender Einwohner Österreichs jemandem anderen zu gehorchen hat als dem Herzog von Österreich, dass der Herzog auf der königlichen Krone auch noch ein Kreuz tragen darf und dass der österreichische Herzog beim Lehensempfang von den üblichen Abgaben befreit ist. Auch für diese Urkunde gab es ein echtes Vorbild, dessen Text nur noch abschriftlich überliefert ist, nämlich das sogenannte „Minus-Transsumpt“. Mit dieser Urkunde bestätigte Kaiser Friedrich II. (1194-1250) das Privilegium minus – nachdem ein Plan, Österreich und die Steiermark zu einem Königreich zu erheben, 1245 in letzter Minute gescheitert war.
Kaiser Friedrich II. bestätigt dem Herzog Friedrich II. von Österreich das wörtlich inserierte Privileg Kaiser Friedrichs I. von 1156 und gewährt dem Herzog weitere Rechte (Maius-Transsumpt).
angeblich Verona, Juni 1245 (Fälschung 1358/59)
Pergament, Goldsiegel an roten Seidenschnüren
Wien, Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, AUR 708